Bauers Depeschen


Dienstag, 21. Oktober 2014, 1367. Depesche



------------------------------------------------------------------------------

 



LIEBE GÄSTE,

nach dem mobilen "Stuttgartnacht"-Einsatz am vergangenen Samstag mit Zam Helga & Tira und Ella Estrella Tischa & Dani im Plattencafé Ratzer Records gibt es in diesem Jahr noch zwei Flaneursalon-Abende. Am Samstag, 29. November, mit Zam Helga & Ella Estrella Tischa im Selbstverwalteten Stadtteilzentrum Gasparitsch in Ostheim, Rotenbergstraße 125. Und am Dienstag, 16. Dezember, in der Kneipe Schlesinger. Näheres demnächst. Da wir eingangs bei Ratzer waren: An diesem Samstag, 25. Oktober, feiert der Platten-Dealer sein 30. Dienstjubiläum. Zur Eröffnung der Geburtstagsparty halte ich um 15 Uhr im Laden am Leonhardsplatz die Laudatio. - Karten gibt es zurzeit noch für die Benefiz-Show "Die Nacht der Lieder" am 9. und 10. Dezember im THEATERHAUS. Telefon: 07 11 / 4 02 07 20. Die Einnahmen gehen an die Aktion Weihnachten der StN und damit an Menschen in Not.



Der Klick zum

LIED DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



DAS LEBEN IST EIN RODEO

Neulich habe ich mir an der linken Ferse eine Blase geholt, groß wie ein Fünfmarkstück. Das ist nicht übertrieben, zumal kaum noch einer weiß, wie groß ein Fünfer war. Zuvor war mir aufgefallen, dass ich zu wenig vor der eigenen Haustür herumgehe. Ein Vierteljahrhundert wohne ich im Westen, und als ich nach langer Zeit mal wieder die Staffeln neben meiner Wohnung hinauf und einige Meter weiter wollte, zog ich keine ordentlichen Stiefel an, ging in nichtsnutzigen Turnschuhen herum, wie in Hauspantoffeln. Dann stand ich auf einmal vor dem Bismarckturm und schaute verstört in die Landschaft. Weiß nicht immer, wo ich bin.

Auf dem Weg zum Turm hatte ich weit hinter der Prärie auf einer Anhöhe die Umrisse des Burgholzhofs gesehen, wo ich vor fünfzehn Jahren beim Rodeo war. Da war der Burgholzhof noch amerikanisch; abgelegen wie Fort Laramie. Beim Rodeo gab es Cowboypferde und die US-Hymne, Bullenreiten und Hufeisenwerfen, es gab Spare Ribbs und Foodlong Hotdogs. Später habe ich aus einem Lied meines Musikerfreunds Stefan Hiss alles über die Philosophie dieser bewegenden Spiele erfahren: „Das Leben ist ein Rodeo / Mal läuft es glatt, mal läuft es schief. / Das Leben ist ein Rodeo / Mal hängst Du hoch, mal fällst Du tief.“

Unter dem Bismarckturm, wo junge Mädchen in der Sommersonne des Oktobers saßen, fiel mir ein, dass wir viel Bismarck haben in der Stadt. Die Adresse Am Bismarckturm, die Bismarckschule, die Bismarckstraße, den Bismarckplatz, das Bismarckhaus. Bismarck widerfährt reichlich Ehre, wenn man weiß, dass er ein versoffener, verfressener Kerl mit ausgeprägter Spielsucht war. Aber er hat auch die Sozialversicherung und den Bismarckhering erfunden, weshalb viele Stadtviertel heute aussehen wie Versicherungskästen mit in Glas eingelegten Menschen.

Ich wohne nur zehn Minuten vom Bismarckplatz entfernt und habe auch schon auf seinem Wochenmarkt eingekauft. Wen aber interessiert schon das Leben vor der Haustür, wenn einen nicht gerade kampftrinkende Kinder stören. Der eigentlich ganz schöne, an manchen Tagen sogar belebte Bismarckplatz liegt vor der Elisa­bethenkirche an der Schwabstraße, wo jeden Tag mehr Autos fahren, als es Schwaben gibt auf der Welt. Eines Tages, da bin ich mir sicher, wird mich eine Karre erwischen. Dann ist Schluss mit Rodeo. Der Bismarckturm in Stuttgarts hohem Norden wurde vor 110 Jahren eingeweiht. Erbaut hatten ihn Studenten der Technischen Hochschule nach dem in Deutschland beliebten „Götterdämmerung“-Entwurf des Architekten Wilhelm Kreis. Kreis wurde später ein strammer Nazi, Gehilfe des Kriegsverbrechers Albert Speer. Hitler nahm ihn in die Riege der „Gottbegnadeten“ auf, in das dreckige Dutzend seiner wichtigsten Künstler. Nach dem Krieg hat Kreis, um eine ­Götterdämmerung reicher, weitergebaut.

Der zwanzig Meter hohe, 2002 sanierte Sandsteinturm ist eine gute Aussichtsstätte. Fast vergessen die einstige Feuerschale, wo früher zu Bismarcks Geburtstag, Todestag und ähnlichen Feiern die Flammen loderten. Von 1928 an diente das Bauwerk als Wasserturm.1941 fiel der Feuertopf.

Die Sache Bismarck hat mich stutzig gemacht. Der Turm sagte mir, dass ich mich zu wenig für die Dinge vor meiner Nase interessiere. Das Herumgehen müsste viel mehr in Fleisch und Blut übergehen, wie Essen, Trinken und so. Selbstverständlich gibt es andere Fortbewegungsarten als das einsame Herumgehen. Bei der jüngsten „Stuttgartnacht“ erkundeten Tausende von Menschen die Stadt als Bus-Passagiere mit partiell gutem Willen zum Spazierengehen. Immer häufiger sehe ich auch Trupps von Segway-Fahrern durch die Stadt ziehen, Menschenschwärme mit elektromotorisierten Zweirad-Rollern. Das sieht ziemlich komisch aus, als sei eine Horde behelmter Sachbearbeiter mit Stehpulten aus den Versicherungsbüros ausgebrochen.

Noch gefährlichere Fortbewegungsmaschinen sind Polizisten auf Pferden. Wenn sie wie bei der jüngsten Demonstration sogenannter Bildungsplangegner, befeuert von Schwulenhassern und Nazis, Gegendemonstranten angreifen. Vor meinen Augen, am Eckensee, hätte ein uniformierter Rodeo-Reiter mit seinem Gaul fast eine Frau erwischt. Man darf es mir glauben: Auf dem Burgholzhof hatte Bullenreiten eine andere Qualität.



BEITRÄGE schreiben im LESERSALON



FRIENDLY FIRE:

NACHDENKSEITEN

INDYMEDIA LINKS UNTEN

BLICK NACH RECHTS

INDYMEDIA

STÖRUNGSMELDER

FlUEGEL TV

RAILOMOTIVE

EDITION TIAMAT BERLIN

Bittermanns Fußball-Kolumne Blutgrätsche

VINCENT KLINK

KESSEL.TV

GLANZ & ELEND



 

Auswahl

27.08.2022

24.08.2022

22.08.2022
17.08.2022

14.08.2022

10.08.2022
07.08.2022

06.08.2022


Depeschen 2281 - 2310

Depeschen 2251 - 2280

Depeschen 2221 - 2250

Depeschen 2191 - 2220

Depeschen 2161 - 2190

Depeschen 2131 - 2160

Depeschen 2101 - 2130

Depeschen 2071 - 2100

Depeschen 2041 - 2070

Depeschen 2011 - 2040

Depeschen 1981 - 2010

Depeschen 1951 - 1980

Depeschen 1921 - 1950

Depeschen 1891 - 1920

Depeschen 1861 - 1890

Depeschen 1831 - 1860

Depeschen 1801 - 1830

Depeschen 1771 - 1800

Depeschen 1741 - 1770

Depeschen 1711 - 1740

Depeschen 1681 - 1710

Depeschen 1651 - 1680

Depeschen 1621 - 1650

Depeschen 1591 - 1620

Depeschen 1561 - 1590

Depeschen 1531 - 1560

Depeschen 1501 - 1530

Depeschen 1471 - 1500

Depeschen 1441 - 1470

Depeschen 1411 - 1440

Depeschen 1381 - 1410

Depeschen 1351 - 1380

Depeschen 1321 - 1350

Depeschen 1291 - 1320

Depeschen 1261 - 1290

Depeschen 1231 - 1260

Depeschen 1201 - 1230

Depeschen 1171 - 1200

Depeschen 1141 - 1170

Depeschen 1111 - 1140

Depeschen 1081 - 1110

Depeschen 1051 - 1080

Depeschen 1021 - 1050

Depeschen 991 - 1020

Depeschen 961 - 990

Depeschen 931 - 960

Depeschen 901 - 930

Depeschen 871 - 900

Depeschen 841 - 870

Depeschen 811 - 840

Depeschen 781 - 810

Depeschen 751 - 780

Depeschen 721 - 750

Depeschen 691 - 720

Depeschen 661 - 690

Depeschen 631 - 660

Depeschen 601 - 630

Depeschen 571 - 600

Depeschen 541 - 570

Depeschen 511 - 540

Depeschen 481 - 510

Depeschen 451 - 480

Depeschen 421 - 450

Depeschen 391 - 420

Depeschen 361 - 390

Depeschen 331 - 360

Depeschen 301 - 330

Depeschen 271 - 300

Depeschen 241 - 270

Depeschen 211 - 240

Depeschen 181 - 210

Depeschen 151 - 180

Depeschen 121 - 150

Depeschen 91 - 120

Depeschen 61 - 90

Depeschen 31 - 60

Depeschen 1 - 30




© 2007-2024 AD1 media ·