Bauers Depeschen


Dienstag, 23. September 2014, 1352. Depesche



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FUSSBALLSPORT: Stuttgarter Kickers - SpVgg Unterhaching 3:0



FLANEURSALON am Montag, 13. Oktober, im Theaterhaus. 20.15 Uhr.

Karten: THEATERHAUS und 0711/4020 720



SUPPENKÜCHE am Samstag, 11. Oktober, in der Leonhardstraße. 13 Uhr bis 18 Uhr. Für kleine Geldspenden sind wir dankbar. Wer etwas übrig hat, kann mir schreiben: Bitte "Kontakt" anklicken.



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LIED DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



HITLER IM WULLE-SAAL

Der Herbst ist da, man kann ihn sehen und riechen und mit Nietzsche sagen: „Was ward die Welt so welk!“ Bin mir nicht sicher, ob die Jahreszeit Schuld hat an der welken Welt. Der Herbst ist ja ein lustiger Vagabund, man sammelt auf dem Karlsplatz einen Haufen Kastanien ein und überlegt, wer eine Kopfnuss verdient hätte.

Heute wird das Einkaufszentrum Das Gerber eröffnet. Mit dem historischen, in der Nachbarschaft gestohlenen Namen wollen die Manager Identität mit der Stadt vortäuschen und ihren läppischen Slogan „Hier wächst Stuttgart zusammen“ unterstreichen. Inzwischen wirbt die Konsum-Anstalt an der Paulinenstraße mit einem Plakat, das alles über den Geschäftsgeist sagt: „Nicht denken, kaufen!“ Diese Zeile kann man nicht erfinden.

Rasch weiter, Richtung Osten. Jeder kennt heute wieder das Wulle-Bier, vor allem wegen der Bügelflaschen. Über die Qualität des Inhalts kann ich nichts sagen, habe keine Bierprüfer-Ausbildung. Ich weiß nur: Die einstige Wulle-Brauerei hat eine bewegende Geschichte. 1861 an der Neckarstraße eröffnet, war sie keine vierzig Jahre später auch Besitzerin des legendären Varietés Friedrichsbau, wo große Stars wie Josephine Baker und Charlie Rivel auf die Bühne gingen. Auch Karl Valentin war im Friedrichsbau zugange. Bekannt ist, dass der Komiker Hitler nicht leiden konnte und nicht in die NSDAP eintrat, wenngleich er kein Widerstandskämpfer war.

1926 hielt Hitler im Wulle-Festsaal eine Rede. Der Bau stand an der Stelle, wo heute das Hotel Méridien ist, an der Willy-Brandt-Straße. Das riesige Wulle-Areal zog sich hinauf bis zum Kernerplatz (mit dem heutigen Umweltministerium) und wurde in den siebziger Jahren, nach der Übernahme der Brauerei durch Dinkelacker, mitsamt seiner prächtigen „Bürgerhalle“ abgerissen.

Der Wulle-Festsaal wird selten in Zusammenhang mit Hitlers ­frühem Stuttgarter Propaganda-Auftritt erwähnt. Populärer ist, neben den noblen Versammlungen der Stuttgarter Kickers, die Geschichte von Hitlers Landsmann Arnold Schwarzen­egger, dem Mann, der es als Muskel-Star zum Gouverneur von Kalifornien brachte.

1965 stieg der Soldat Schwarzenegger über eine Kasernenmauer der österreichischen Armee und flüchtete nach Stuttgart. Bei den Internationalen Herbstmeisterschaften der Bodybuilder im Wulle-Saal kürte man ihn zum „Bestgebauten Athleten“ der Junioren. Weil er sich unerlaubt von der Truppe entfernt hatte, wanderte er bei seiner Rückkehr hinter Gitter, wurde rehabilitiert und war nach dem Triumph von Stuttgart bereit für Hollywood.

Der andere Österreicher mit Knasterfahrung, der Postkartenmaler Adolf ­Hitler, betrat am 19. April 1926 den Wulle-­Festsaal. Über das Gastspiel des Nazi-Verbrechers, einen Tag vor seinem 37. Geburtstag, berichtet der Propagandachef Joseph Goebbels in seinen „Tagebüchern“.

Der braune Trupp reist von München, der „Hauptstadt der Bewegung“, über Ulm nach Stuttgart. Goebbels schreibt: „Ulm! In einer kleinen Kneipe Mittag. Man erkennt ihn. Jubel unter den Leuten. Einer von den Spießern kommt und hält ihm sein Bild vor. Mittag! Bärenhunger“. Der Berichterstatter Goebbels leidet an einer Art Ausrufezeichen-Fieber. „Weiter! Sonne scheint. Wind heult! Württemberg! Bis 6 h nachmittags. Stuttgart … Hitler abgeladen. Ich zum Hotel­ … Dann im Auto zum Wulle-Saal. Ich spreche vor einer vieltausendköpfigen Masse 2 Stunden, und es ist eine göttliche Stille. Man tobt am Schluss. Weg! Zum anderen Saal. Hitler spricht noch. In Ekstase. Ein Donner der Zustimmung. Dann muss ich noch ½ Stunde sprechen … Hitler umarmt mich, als er mich sieht. Ich spreche über ‚unsere Arbeit im Ruhrgebiet‘ … Dann kommt er zurück. Spricht ein Schlusswort. Das knallt wie Maschinengewehr … Bei Frau Dr. Nölter zum Kaffee. Wir feiern Hitlers Geburtstag … 37 Kerzen um Blumen brennend … Adolf Hitler, ich liebe Dich, weil Du groß und einfach zugleich bist. Das was man Genie nennt … Abschied von ihm. Leb wohl! … Zum Abendessen bei Familie ­Weidle. Gut und ehrlich. Da fühle ich mich wohl. Abschied! Ade, mein Stuttgart. Auf dem Bahnsteig stehen unsere Leute und winken. Heilrufe! Auf Wiedersehen.“

Ein Stuttgarter Wiedersehen mit Hitler gibt es am 15. Februar 1933. Als der ­„Führer“ nicht weit vom Wulle-Saal, in der ruhmreichen, später im Krieg zerstörten Stadthalle, seine Hetzrede hält, schlagen vier Arbeiter aus dem antifaschistischen Widerstand mit einem Beil das Kabel für die Rundfunkübertragung durch.

Wenn heute irgendwo der Bügel einer Wulle-Flasche knallt, tut sich Stuttgarter Geschichte auf. Man muss sich davon nicht irritieren lassen. Gemütlicher ist es, beim Blick aufs Bier den Werbeslogan des neuen Einkaufkomplexes dem Zeitgeist anzupassen: „Nicht denken, saufen!“



GERBER ETC.

Gastbeitrag für KONTEXT.



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