Bauers Depeschen


Donnerstag, 30. August 2012, 968. Depesche

BULLSHIT: Arminia Bielefeld - Stuttgarter Kickers 1:0

 

TAGEBUCHEINTRAG

Aufstehen.



SAGT ES LAUT: SPEAKEASY!

Einstein sagt: Würden sich zehn (10) Prozent meiner täglichen Homepage-Gäste eine (1) Eintrittskarte zu zwöf (12) Euro für unseren nächsten Flaneursalon besorgen, wären wir aus dem Schneider. Unglücklicherweise denken hundert Prozent: Die zehn Prozent werden sich schon melden, da braucht man nicht ausgerechnet mich. Trotzdem: Wir sind am Dienstag, 25. September, im Speakeasy, Rotebühlplatz 11. Mit dem Rapper Toba Borke und seinem Beatboxer Pheel, mit Zam Helga, Dacia & Bridges & Friend. 20.30 Uhr. Vorverkauf Di - Sa im Plattencafé Ratzer im Leonhardsviertel (neben dem Burunnenwirt) - und im Internet: EVENTBÜRO



SOUNDTRACK DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



IN KANADA

Eine Sache, die ich loswerden muss, damit ich sie nicht vergesse. Im Frühjahr habe ich an einer kleinen Veranstaltung der Galerie Self Service teilgenommen. Der umtriebige Laden in der Eichstraße macht eine Reihe namens „Feldarbeit“. Menschen aus der Stadt erzählen, welche Platten, Filme und Bücher sie beeinflusst/geprägt haben.

Nicht leicht, mich an frühe Aha-Erlebnisse zu erinnern. Jimi Hendrix, keine Frage. Seine Gitarre, seine Musik hat alles verändert. Bis heute habe ich „1983“ von der LP „Electric Ladyland“ im Kopf. Das Wahnsinnsstück war zu lang fürs Radio, es war lyrisch und chaotisch, und wenn es in meiner Kleinstadt-Disco lief, hörten die Leute auf zu tanzen. Das war groß.

Als ich mein Hirn weiter strapazierte, fiel mir ein, dass ich bis heute ein Lied von Friedrich Gulda mit mir herumtrage, ohne früher eine Platte oder Kassette mit diesem Lied besessen zu haben. 1970 veröffentlichte der Wiener Klaviervirtuose und Performance-Künstler das Album „Donau So Blue“. Vom Jazz beeinflusste Lieder, Gassenhauer. Als Sänger seiner Stücke stellte Gulda einen unbekannten Straßenmusikanten vor. Albert Golowin.

Umgehauen hat mich das Lied „Hau di in Gatsch“ (Wirf dich in den Schlamm), eine grandiose Nummer mit einem poetischen, zynischen Text über das Spiel des Lebens. Am Ende ist der Schiedsrichter das Schwein. Diesen Song habe ich mir oft im Keller eines Schulfreunds reingezogen, weiß der Teufel, warum er die LP besaß, wo alle Welt Pink Floyd hörte. Ich muss ihn fragen.

Später stellte sich heraus: Gulda hatte sich mit falschem Bart und Perücke als Albert Golowin ausgegeben, die Presse verarscht. Ich war sechzehn, und weil Gulda ein klassischer Pianist war, dachte ich an meinen Musiklehrer und sagte mir: Gott schütze Gulda. Was der sich traut. Mehr als vierzig Jahre später schenkte mir der Stuttgarter Jazzsänger Ala Heiler ein Exemplar von „Donau So Blue“. Mir war es nicht gelungen, eine LP mit meinem Lieblingslied im Antiquitätenhandel aufzutreiben. Es war ein Ereignis, nach so langer Zeit wieder „Hau di in Gatsch“ zu hören. Was jucken die Vinyl-Kratzer.

So viel zur „Feldarbeit“ in Sachen Musik. Beim Thema Film wählte ich frühe Werke mit Clint Eastwood; es ging mir um sein reduziertes Spiel, seine Kunst, die Dinge, die wichtig waren, allein mit seinem Gesicht zu sagen. Er war der Schweiger. Das war neu für einen Sechzehnjährigen.

Als Buch wählte ich eine verhältnismäßig späte Arbeit, Richard Fords Kurzgeschichtensammlung „Rock Springs“ von 1987; sein erstes Buch in Deutschland. Nahezu andeutungslos gab der amerikanische Schriftsteller dem Leser das Gefühl, es liege etwas in der Luft. Das Ende einer Liebe, das Altwerden oder ein anderer Tod.

Mit diesen Erfahrungen habe ich es in meinem Leben zu einer stattlichen Sammlung von Fotos mit Autogrammen gebracht. Alle beide hängen zu Hause an der Wand. Das eine zeigt Clint Eastwood, das andere Richard Ford. Jimi Hendrix und Friedrich Gulda gingen mir durch die Lappen. Das lässt sich nicht mehr reparieren.

Richard Ford (2007 las er einmal im Literaturhaus) hat gerade einen neuen Roman veröffentlicht, „Kanada“, die Geschichte eines Sechzehnjährigen. Das Buch beginnt lakonisch, wie man es sich wünscht: „Zuerst will ich von dem Raubüberfall erzählen, den meine Eltern begangen haben. Dann von den Morden, die sich später ereigneten.“

In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ hat Ford neulich gesagt, wenn der reaktionäre Neoliberale Romney die Präsidentenwahl in den USA gewinne, werde er nach Kanada auswandern.

Clint Eastwood hat bekanntgegeben, er unterstütze den Republikaner Romney. Das ist kein Grund, sein Foto von der Wand zu nehmen. Man muss unterscheiden zwischen der künstlerischen Arbeit und der politischen Zugehörigkeit eines Amerikaners. Clint Eastwood hat Filme gemacht, für die ihn die Republikaner auf den elektrischen Stuhl setzen müssten. Bald ist auch in Stuttgart Wahl. Man möchte an diesem Tag Friedrich Guldas „Hau di in Gatsch“ singen, Clint Eastwoods „Erbarmungslos“ anschauen und danach Richard Fords „Kanada“ lesen. In Kanada.



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