Bauers Depeschen


Sonntag, 27. November 2011, 822. Depesche



SOUNDTRACK DES TAGES



VOLKSABSTIMMUNG

Als am Sonntagabend, wie erwartet, der Kampf der Aufrechten mit den Sammelbüchsen gegen die Konten der Arbeitgeberverbände verloren war, kaufte ich mir am Parkschützer-Stand vor dem Bahnhof zwei Kanister Olivenöl und in der Bahnhofsdrogerie einen Eimer mit Proteinen. Der Muskelaufbau geht weiter. Mehr gibt es nicht zu sagen.

Gute Nacht.



Noch etwas Fußballsport, die aktuelle STN-BUNDESLIGA-KOLUMNE:



FALSCHE KUTTE, BLUTIGE NASE

Im „Sport-Brockhaus“ von 1973 – ich habe ihn zur Erinnerung an frühe Schreibversuche aufbewahrt – wird das Wort „Derby“ achtzehn Zeilen lang dem Pferdesport zugeordnet; dann erst findet man den kurzen Hinweis, der Begriff werde „neuerdings“ auch „für Wettkämpfe anderer Art“ gebraucht, etwa beim „Fußball“.

Wenn man am 14. Spieltag 2011/12 in den Medien vom „Wochenende der Derbys“ sprach, dann nicht unbedingt deshalb, weil die Stuttgarter Kickers gegen den SV Waldhof Mannheim mit 0:1 verloren. Mit diesem Pannenduell aber sind wir mitten drin. Ist das Spiel Kickers vs. Waldhof wirklich ein Derby?

Dankenswerter Weise hat der im Ruhrgebiet lebende Journalist Gregor Schnittker gerade im Göttinger Verlag Die Werkstatt das schön bebilderte Buch „Revierderby“ (28 Euro) veröffentlicht. Rechtzeitig vor dem 139. Duell zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 habe ich nachgelesen, worum es geht. Interessant wird die Geschichte des Revierderbys vor allem, wenn man erfährt, dass die mysteriöse Verfeindung der beiden Clubs nicht von Anfang an bestanden hat. 1934, nach ihrem ersten Titelgewinn in Berlin, machten die Königsblauen in Dortmund Halt, um sich am Bahnhof feiern zu lassen, bevor sie sich im Rathaus ins Goldenen Buch der Stadt eintrugen. Noch 1958 gratulierte eine BVB-Delegation den Schalkern zu ihrer (bis heute) letzten Deutschen Meisterschaft.

Sogar bis zur legendären HundebissAffäre 1969, als während des Derbys ein Schäferhund der überforderten BVB-Ordner Schalkes Spieler Friedel Rausch in den Allerwertesten biss, hätten die Nachbarn ein freundschaftliches Verhältnis gepflegt, schreibt der Autor. Erst in den Siebzigern, als die finanziell ruinierten Dortmunder abstiegen und die Schalker im Bestechungsskandal der Liga als „FC Meineid“ gebrandmarkt wurden, kam gegenseitiger Hohn und Spott in den Fan-Kurven auf. Eskaliert ist die Feindseligkeit schließlich vor dem Hintergrund sozialer Probleme im Ruhrgebiet. Gewinner- und Verliererpsychosen, vor allem Neid, führten zur „extremen Identifikation“, zum Hass: Die „vermeintlich falsche Kutte“ war Grund genug „für eine blutige Nase oder Schlimmeres“.

Derbys, ursprünglich aus England bekannt, sind bis heute große Emotionsdramen, selbst wenn sie spielerisch eher langweilig verlaufen wie zuletzt beim 2:0 in Dortmund gegen Schalke und beim 0:3 im Rhein-Klassiker Köln gegen Gladbach.

Lesenswert und nicht ohne Humor, wie das Buch das Derby an sich definiert. Unumstößliche Kriterien für dieses Prädikat sind demnach: Tradition (mehr als 50 Duelle), Mentalitäts-Verwandtschaft (Fußball als Religion), geografische Nähe (gemeinsamer Fluss reicht nicht), Intensität (Familienfeiern werden abgesagt).

Damit sind Diskussionen wie im Fall Hoffenheim vs. VfB beendet. Die historisch-politische Rivalität zwischen Baden und Württemberg allein reicht nicht, dem Mythos Derby gerecht zu werden.

Eines der schlimmsten Derbys aller Zeiten habe ich am 1. April 2009 erlebt: Weil sich in der 3. Liga die verarmten Stuttgarter Kickers und der VfB II den städtischen Fußballplatz der Blauen auf der Waldau teilten, durften die Kickers-Fans nicht in ihren angestammten B-Block – offiziell befanden wir uns bei einem Auswärtsspiel. Dermaßen entwürdigt verloren wir 0:3.

Die Geschichte der Derbys erklärt nicht nur viel von der Faszination des Fußballs. Sie liefert auch gute Anekdoten. Als man Friedel Rausch nach der schmerzhaften Po-Attacke im „Sportstudio“ gefragt hat, was wohl gewesen wäre, wenn das Tier ihn nicht hinten, sondern vorne gebissen hätte, sagte er: „Dann hätte der Schäferhund alle seine Zähne verloren.“



FLANEURSALON IN DER BAUERNMARKTHALLE

Unsere erste Lieder- und Geschichtenshow im neuen Jahr findet am Samstag, 21. Januar (20 Uhr), statt, und zwar in der Bauernmarkthalle am Vogelsang, Stuttgart-West. Es ist die erste Veranstaltung überhaupt an diesem Ort. Der Flaneursalon spielt mit Eric Gauthier & Jens-Peter Abele, Dacia Bridges & Alex Scholpp sowie dem Klasse-Rapper Tobias Borke und seinem Beat-Boxer Pheel. Vorverkauf im Dezember.



BLAUE NACHT FÜR KICKERS-MENSCHEN

Für die Fans der Stuttgarter Kickers und andere aufgeschlossene Freunde des Fußballsports arrangiere ich am Ostersamstag, 7. April, einen kleinen Unterhaltungsabend, und zwar in der originell gestalteten Werkstattbühne des Autohauses Albrecht & Deffner in der Alexander-/Blumenstraße am Olgaeck (in dem Gebäude wohnte einst Clara Zetkin). Stargast der "Blauen Nacht" ist der Dortmunder Schriftsteller und Kabarettist FRITZ ECKENGA ("Mein Freund ist aus Leder"); der Borussia-Fan hat erst dieser Tage den mit 10 000 Euro dotierten Ruhr-Literaturpreis erhalten. Musik macht der Entertainer Roland Baisch mit seinem Gitarristen Frank Wekenmann, und unsereins erzählt ein bisschen was über die Kickers und den traurigen Rest der Stadt. Wo es Karten gibt, erfährt man im Dezember. Bestellt sind bereits ordentliche Stadionwürste und gutes Bier.



KOMMENTARE SCHREIBEN IM LESERSALON



DIE STN-KOLUMNEN



FRIENDLY FIRE:

NACHDENKSEITEN

FlUEGEL TV

THE INTELLIGENCE

EDITION TIAMAT BERLIN

Bittermanns Fußball-Kolumne Blutgrätsche

VINCENT KLINK

RAILOMOTIVE

UNSERE STADT

KESSEL.TV

GLANZ & ELEND





 

 

Auswahl

27.08.2022

24.08.2022

22.08.2022
17.08.2022

14.08.2022

10.08.2022
07.08.2022

06.08.2022


Depeschen 2281 - 2310

Depeschen 2251 - 2280

Depeschen 2221 - 2250

Depeschen 2191 - 2220

Depeschen 2161 - 2190

Depeschen 2131 - 2160

Depeschen 2101 - 2130

Depeschen 2071 - 2100

Depeschen 2041 - 2070

Depeschen 2011 - 2040

Depeschen 1981 - 2010

Depeschen 1951 - 1980

Depeschen 1921 - 1950

Depeschen 1891 - 1920

Depeschen 1861 - 1890

Depeschen 1831 - 1860

Depeschen 1801 - 1830

Depeschen 1771 - 1800

Depeschen 1741 - 1770

Depeschen 1711 - 1740

Depeschen 1681 - 1710

Depeschen 1651 - 1680

Depeschen 1621 - 1650

Depeschen 1591 - 1620

Depeschen 1561 - 1590

Depeschen 1531 - 1560

Depeschen 1501 - 1530

Depeschen 1471 - 1500

Depeschen 1441 - 1470

Depeschen 1411 - 1440

Depeschen 1381 - 1410

Depeschen 1351 - 1380

Depeschen 1321 - 1350

Depeschen 1291 - 1320

Depeschen 1261 - 1290

Depeschen 1231 - 1260

Depeschen 1201 - 1230

Depeschen 1171 - 1200

Depeschen 1141 - 1170

Depeschen 1111 - 1140

Depeschen 1081 - 1110

Depeschen 1051 - 1080

Depeschen 1021 - 1050

Depeschen 991 - 1020

Depeschen 961 - 990

Depeschen 931 - 960

Depeschen 901 - 930

Depeschen 871 - 900

Depeschen 841 - 870

Depeschen 811 - 840

Depeschen 781 - 810

Depeschen 751 - 780

Depeschen 721 - 750

Depeschen 691 - 720

Depeschen 661 - 690

Depeschen 631 - 660

Depeschen 601 - 630

Depeschen 571 - 600

Depeschen 541 - 570

Depeschen 511 - 540

Depeschen 481 - 510

Depeschen 451 - 480

Depeschen 421 - 450

Depeschen 391 - 420

Depeschen 361 - 390

Depeschen 331 - 360

Depeschen 301 - 330

Depeschen 271 - 300

Depeschen 241 - 270

Depeschen 211 - 240

Depeschen 181 - 210

Depeschen 151 - 180

Depeschen 121 - 150

Depeschen 91 - 120

Depeschen 61 - 90

Depeschen 31 - 60

Depeschen 1 - 30




© 2007-2024 AD1 media ·